Neue Verwaltungsstruktur der Stadt Dübendorf: Es bleiben offene Fragen

Per 1. Januar 2024 hat sich der Stadtrat eine neue Organisationsstruktur gegeben. Dabei werden unter anderem die Abteilungen und Stabstellen nicht mehr nur wie bis anhin politisch, sondern neu auch sachlich und personell direkt durch die zuständigen Stadtratsmitglieder geführt. Der Stadtrat hat die in diesem Zusammenhang eingereichte Interpellation von Theo Johner am 29. Februar 2024 schriftlich beantwortet.

Für die FDP-Fraktion sind mit den Antworten auf die Interpellation Johner nicht alle Unklarheiten beseitigt, und wir erkennen Widersprüche und Unzulänglichkeiten, die unbedingt zu beheben sind.

Vorweg möchten wir klarstellen, dass es alles andere als transparent ist, wenn - wie in der entsprechenden Medienmitteilung - lediglich davon gesprochen wird, dass die Stadtratsmitglieder neu die Abteilungs- und Stabsstellenleitenden auch sachlich und personell direkt führen. Diese Umschreibung ist ungenau und geradezu verharmlosend. Realität ist nämlich vielmehr, dass die Stadtratsmitglieder damit die gesamte operative Verantwortung für ihr Ressort übernehmen. Wer seine Direktunterstellten nämlich «sachlich und personell direkt führt», der hat damit logischerweise auch die operative Verantwortung für die gesamte ihm unterstellte Organisation.

Und damit fangen die Probleme an: Wer sich als Stadtratsmitglied dieser umfassenden operativen Verantwortung bewusst ist und sie ernsthaft wahrnehmen will, der kann dies unmöglich seriös im Rahmen des bisherigen Pensums tun. Der Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz spricht hierzu in Randziffer 4 zu § 49 Klartext, wenn er über die Führung der Gemeindeverwaltung sagt, dass sich die operative Leitung der Gemeindeverwaltung in der Praxis oftmals nur wahrnehmen lässt, «wenn die Ressortvorstehenden voll- oder teilamtlich tätig sind, wie dies in grösseren Städten der Fall ist.»

Demgegenüber geht der Stadtrat davon aus, dass der Arbeitsaufwand nur geringfügig zunehmen wird und dies im bisherigen Pensum möglich sein wird. Wir erachten das als grundlegend falsch. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass es hier ja nicht nur um die zeitliche Belastung der Stadtratsmitglieder geht, sondern auch darum, dass unsere Stadträte für ihre operative Führungstätigkeit auch einer zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgesetzt sind.

Wenn der Stadtrat an der operativen Führung durch seine Mitglieder festhalten will, dann muss er auch erkennen, was für eine zeitliche Beanspruchung und Verantwortung damit verbunden ist. Und er muss realisieren, dass dies mindestens ein teilamtliches Pensum bedingt. Nur mit dieser Konsequenz und Transparenz werden sich auch die Wahlberechtigten bewusst sein, dass sie die Stadtratskandidaten in Zukunft zusätzlich nach deren Managerqualitäten beurteilen und auswählen müssen. Die Wahlberechtigten müssen sich darüber hinaus bewusst sein, dass die operativ führenden Stadtratsmitglieder die Kompetenz haben, ihre Abteilungs- und Stabstellenleitenden jederzeit nach ihrem politisch-ideologischen Gutdünken zu ersetzen.

Unbedingt klären müsste der Stadtrat aber auch das Verhältnis der operativ leitenden Stadtratsmitglieder zur Geschäftsleitung. In Ziffer 6.1 des Organisations- und Verwaltungsreglements ist geregelt, dass die Geschäftsleitung das oberste Führungsorgan der Stadtverwaltung ist. Das steht nun aber in einem nicht auflösbaren Widerspruch zur neuen operativen Führung durch die Stadtratsmitglieder. Denn es kann ja nicht sein, dass die Stadtratsmitglieder ihr Ressort sachlich und personell, also operativ führen, und gleichzeitig trotzdem operativ der Geschäftsleitung als angeblich oberstes operatives Führungsorgan unterstehen. Verantwortung ist nicht teilbar; sie muss vielmehr eindeutig und klar zugewiesen sein. Das ist zurzeit offensichtlich nicht der Fall.

Nun liegt die Organisation der Verwaltung zwar unbestrittenermassen in der Kompetenz der Exekutive. Der Stadtrat tut aber gut daran, dass er die Kritikpunkte an seiner neuen Organisationsstruktur ernst nimmt. Er muss sich mit unmissverständlichen und klaren Regelungen dafür entscheiden, wer für die operative Führung verantwortlich ist, und er muss diese Entscheidung auch konsequent und sachgerecht umsetzen.

Unsere Fraktion erwartet, dass der Stadtrat spätestens an seiner Herbstklausur die neue Organisationstruktur einer Überprüfung unterzieht. Der Stadtrat hat selbst in seiner Beantwortung der Interpellation in Aussicht gestellt, dass er bei Bedarf justieren werde. Mit Verlaub: Mit Justierungen wird es nicht getan sein. Es braucht eine ernsthafte Reflexion und so rasch wie möglich eine wirklich stringente Organisationsstruktur.

Solange die operative Führungsverantwortung nicht nachvollziehbar klar und konsequent geklärt ist, bleiben die mit der Interpellation geäusserten Bedenken bestehen, und es wächst die Besorgnis, ob eine angemessene Führung unserer Stadtverwaltung gewährleistet bleibt.